Laura ist Politik- und Genderwissenschaftlerin und die Leiterin des DGB-Projekts…
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ToggleHeute am 10.3.2021 ist Equal Pay Day. Das bedeutet: Frauen arbeiten bis zu diesem Tag quasi „umsonst“, während Männer schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Der aktuelle Gender Pay Gap liegt bei 18 Prozent. Verglichen werden dabei die Bruttostundenlöhne. Für jeden Euro, den Männer verdienen, erhalten Frauen durchschnittlich also nur 81 Cent.
Gründe dafür gibt es viele – und sie hängen vor allem mit der strukturellen Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Frauendominierte Berufe werden schlechter bezahlt, weniger Frauen sind in Führungspositionen und für Teilzeit-Tätigkeiten werden häufig niedrigere Stundenlöhne gezahlt. Außerdem erhalten Frauen für die gleichen Tätigkeiten häufig weniger Geld. Das macht immerhin sechs der 18 Prozent aus (bereinigte Lohnlücke).
Was können wir tun?
Ich bin überzeugt: Wenn wir die Lohnlücke schließen wollen, müssen wir Arbeit fair(er) verteilen. Und zwar sowohl die bezahlte als auch die unbezahlte Arbeit. Denn die ungleiche Verteilung von Arbeit sehe ich als Hauptgrund für Geschlechterungleichheiten. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wenn wir dort etwas ändern, wirkt es sich auf alle anderen Bereiche aus.
Frauen übernehmen immer noch den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. Der sogenannte Gender Care Gap liegt aktuell bei 53 Prozent. Das bedeutet, Frauen leisten täglich durchschnittlich etwa 90 Minuten mehr Sorgearbeit – das entspricht übrigens der Dauer eines Fußballspiels! In Paarhaushalten mit Kindern liegt der Gender Care Gap sogar bei 83 Prozent, das sind 2,5 Stunden, die Frauen täglich mehr leisten. Die größten Unterschiede zeigen sich bei 34-Jährigen: In dieser Altersgruppe beträgt der Gender Care Gap 110,6 Prozent. Frauen verbringen dann täglich durchschnittlich fünf Stunden und 18 Minuten mit Care-Arbeit, Männer dagegen nur zwei Stunden und 31 Minuten. Zeit, das zu ändern!
Was wären die Effekte?
Wäre der Gender Care Gap geschlossen, würde sich das auch auf die übrigen Geschlechterungleichheiten und Gender Gaps (Gender Time Gap, Gender Pay Gap, Gender Pension Gap, …) auswirken. Frauen hätten die Möglichkeit, gleichermaßen am Erwerbsleben teilzunehmen, und so Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken. Sie hätten mehr Zeit, einer existenzsichernden Beschäftigung nachzugehen. Denn der häufigste Grund, warum Frauen – oft unfreiwillig – in Teilzeit arbeiten, sind Pflege- und Betreuungsaufgaben. Würden diese paritätisch geteilt, würde sich die geschlechtsspezifische Arbeitszeitlücke, der Gender Time Gap, schließen.
Wir würden Geschlechterstereotype überwinden, die dafür sorgen, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt immer noch benachteiligt werden. Denn wenn Frauen gleichberechtigt am Erwerbsleben teilnehmen, werden Männer und Frauen sich noch mehr auf Augenhöhe begegnen und Vorurteile abgebaut. Gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit würde gefördert und noch mehr gefordert werden.
Wo wollen wir hin?
Wenn sich ein 30-jähriger Mann und eine 30-jährige Frau auf eine freie Stelle bewerben, werden Frauen nicht automatisch vom Tisch fallen, „weil sie ja bestimmt in den kommenden Jahren erstmal ausfallen und in Elternzeit gehen könnten“. Wenn Care-Arbeit gleich verteilt ist, gibt es da keinen Unterschied mehr. Für einen Vater müssten dieselben Aufgaben „normal“ sein wie für eine Mutter: Länger in Elternzeit gehen. Das Kind pünktlich von der Kita abholen. Oder ein krankes Kind zu Hause zu versorgen.
Ich will, dass auf der Kita-Telefonliste nicht nur Mütter stehen. Ich will, dass Mütter auf der Arbeit nicht hören müssen „und wo ist ihr Kind gerade?“. Ich will keine Sätze hören wie „mein Mann hilft und unterstützt mich super im Haushalt!“. Wir wollen keine Unterstützung! Wir wollen teilen! Ich will, dass die deutsche Präsenzkultur durchbrochen wird und Führen in Teilzeit möglich wird. Für Männer und für Frauen. Ich will Scherben sehen, wenn Frauen die gläserne Decke durchbrechen. Ich will die Lohnlücke dahinschmelzen sehen.
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Laura ist Politik- und Genderwissenschaftlerin und die Leiterin des DGB-Projekts "Was verdient die Frau? Wirtschaftliche Unabhängigkeit!". Nach dem Motto "ein Mann ist keine Altersvorsorge", sensibilisiert sie junge Frauen rund um das Thema wirtschaftliche Unabhängigkeit. „Auf eigenen Beinen stehen!“ – das ist gerade jungen Frauen im Arbeits- und Privatleben wichtig. Doch vielen Frauen wird ihre wirtschaftliche Abhängigkeit und deren Folgen erst im Nachhinein klar. Gender Pay Gap, gläserne Decke oder eine klassische Rollenverteilung? Die Gründe, warum Frauen oftmals keine eigene und langfristige Existenzsicherung haben, sind vielfältig. Das Projekt setzt sich seit 2014 für die Stärkung der eigenen Existenzsicherung von Frauen ein und rückt den ganzen Lebens- und Erwerbsverlauf in den Fokus. Laura und ihre Kolleginnen sensibilisieren Frauen on- und offline in Webinaren, Artikeln und Workshops zu Fragen rund um Finanzen, Berufseinstieg, Familie, Partnerschaftlichkeit und Karriere.