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Die Todkranke, die Schwerbehinderte, das Mädchen, das sowieso das Erwachsenenalter nie erreichen würde

Die Todkranke, die Schwerbehinderte, das Mädchen, das sowieso das Erwachsenenalter nie erreichen würde

Petra Wagner

Ich weiß es noch, als ob es erst gestern gewesen ist, wie es sich anfühlt, anders als alle anderen zu sein.

Mitleid als Anerkennung

Dieses Gefühl wurde mir bereits in meiner Kindheit immer und immer wieder vermittelt und leider erst viel zu spät erklärt, warum das so sein sollte. Aufgrund einer eigentlich todbringenden Erkrankung hatte ich viele Fehlzeiten in der Schule und habe diese auch oft wechseln müssen. Ich war der totale Außenseiter und nahm einige Jahre meine Krankheit – die ich nicht verstand aufgrund von zu wenigen Erklärungen – zum Anlass, immer wieder Aufmerksamkeit zu finden. Mitleid ist jedoch keine Anerkennung und genau diese fehlte mir. Da ich mir aber selbst keine schenken konnte, ging ich Unmengen von Umwegen, um endlich zu mir zu finden. Um endlich herauszufinden, wer ich bin und was ich überhaupt mag und nicht mag und was ich überhaupt will. Diese und weitere Fragen wurden mir nie gestellt, denn ich war ja schon von klein auf die Todkranke, die Schwerbehinderte, das Mädchen, das sowieso das Erwachsenenalter nie erreichen würde. Das arme Ding!


Aus mir sollte nichts werden – alle waren sich einig

Aus mir würde sowieso nix werden, darin waren sich viele Ärzte und auch Nahestehende einig. Nur meine Mutter nicht! Sie hatte genaue Vorstellungen von mir und meinem Leben. Sie hatte diese Vorstellungen! Ich hatte keinerlei Vorstellungen und wurde danach auch nicht gefragt. Erst mit Mitte 20 ungefähr fragte ich mich selbst und es dauerte immer wieder einige Zeit, bis ich Antworten fand und mich auf meinen eigenen Weg machte. Als ich begann, eigene Entscheidungen zu treffen, traf ich immer wieder nur auf Widerstand. Ich entschloss mich zum Beispiel, zu studieren und bekam unter anderem aus meinem nahen Umfeld zu hören, dass ich „ja nun völlig übergeschnappt sei und das sowie nicht schaffe.“

Ich habe das geschafft und noch vieles andere, auch wenn ich selbst manchmal glaubte, es nicht zu schaffen und es nicht immer Menschen gab, die mich motivierten, weiter zu gehen.


Von Ärzten zum Sterben nach Hause geschickt

Als ich mit 30 Jahren wieder einmal von Ärzten zum Sterben nach Hause geschickt wurde, war ich dieses Mal bereit, zu gehen. Die traumatischen Ereignisse, die zu einer erneuten gesundheitlichen Katastrophe führten, ließen mich nicht mehr los. Ich war nicht nur körperlich ein komplett zerschossenes Wrack sondern auch seelisch und wieder einmal stand ich in diesem Prozess fast völlig alleine da.

Schon früher hatte ich festgestellt, dass wenn wir Menschen in einer Krise sind, sich sehr schnell herausstellt, wer noch dein Freund ist. Mit meinen Erfahrungen und vor allem mit meinem Umgang damit gelingt es mir bis heute, Menschen zu überfordern. Das ist jedoch schon lange nicht mehr meine Angelegenheit. Ich kann sehr gut mit mir alleine sein und brauche Nichts und Niemanden, um glücklich zu sein.


Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden

„Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden“, sagte einst Mark Twain. Das kann ich seit geraumer Zeit nur bestätigen.

Mittlerweile bin ich 47 Jahre junggeblieben. Ich bin meiner Mutter sehr dankbar, dass sie in meiner Kindheit und Jugend nie aufgehört hat, für mein (Über-) Leben zu kämpfen, auch wenn sie davon andere Vorstellungen hatte, als ich es jetzt lebe. Meine Mutter starb im Alter von 48 Jahren an einer Krebserkrankung. Sie hatte ihr eigenes Leben komplett aus den Augen verloren und war das Kämpfen generell leid.

Trotz aller negativen Diagnosen, Prognosen und anderen Katastrophen – letztere erleben alle Menschen in ihrem jeweiligen Leben – bin ich immer noch unterwegs. Sogar zwei wundervolle Kinder habe ich eigenhändig zur Welt gebracht und ich habe meine Berufungen gefunden – Menschen, auch mit meiner persönlichen Geschichte, Mut zu machen und sie und ihr Umfeld in ihren persönlichen Veränderungssituationen vielfältig zu begleiten und zu unterstützen – und kann diese immer mehr leben. Gegen den Willen und den Aussagen von Menschen, die in meinem Umfeld waren.

Nicht nur mit meiner Lebensgeschichte, sondern auch mit den Geschichten aus vielen Begegnungen mit anderen Menschen in Veränderungsmomenten mache ich Mut. Mut, seinen eigenen Weg zu finden und zu gehen. Mut zu mehr Menschlichkeit, vor allem im gegenseitigen Umgang. Mut, zum Machen ohne lange zu überlegen. Der beste Zeitpunkt ist immer jetzt!


Mut zum Machen

Und genau für diese Stärken stehe ich: Mut, Menschlichkeit und machen! Und auch Du hast diese Stärken in Dir und wenn Du Deine Geschichte teilst, wirst Du sicher weiteren Menschen Mut machen, ihre Geschichte zu teilen und noch mehr Menschen zu inspirieren und zu motivieren, ihren eigenen Weg zu gehen.

Das brauchen wir derzeit mehr denn je! Menschen, die aufstehen, die Ärmel hochkrempeln und loslegen. Sei auch Du mit dabei!

Mein Leben war nicht immer leicht und ist es auch jetzt nicht. Das geht den meisten Menschen so. Wir befinden uns alle in unseren eigenen Herausforderungen. Tag für Tag. Wir sind alle Experten für Herausforderungen, sonst hätten wir es bis hierhin nicht geschafft. Und das sollten wir hin und wieder auch mal richtig feiern und genießen.

Wir alle wissen nicht, wie es weitergeht und Risiken gibt es immer. Daher lebe ich so gerne im Jetzt und entscheide mich bewusst für glückliche Momente und für einen gelassenen Umgang mit all dem, was da kommen mag. Ist das immer so einfach, wie es klingt? Nein, sicher nicht. Auch ich falle hin und wieder tief und in meinem Tempo richte ich mich wieder auf, klopfe mir den Dreck ab und sollte ich noch nicht aufstehen können, dann krieche ich erst mal nur weiter mit vielen Pausen. Das hat den großartigen Vorteil, dass ich dann nicht wieder stürzen kann. Erst mal nicht.

Und wenn Du (wieder) einmal denkst, jetzt geht es wirklich nicht mehr weiter, dann hole Dir Menschen an Deine Seite, die Ähnliches erlebt haben und/oder die Dir einfach nur mal zuhören. Lies Biographien oder schaue Dir Dokumentationen an von Menschen, die trotz aller Widrigkeiten weitergelaufen sind. Lies ihre Texte, höre ihre Worte und lass Dich davon ein Stück weitertragen.

Das Ende ist erst dann erreicht, wenn Du Dich aufgibst! Darum gib gut auf Dich Acht und setze jeden Schritt, auch wenn er manchmal noch so schwer ist.

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Hast du etwas richtig tolles erlebt, etwas was außerhalb deiner Komfortzone lag und das nicht 0815 Status Quo war? Willst du damit mal so richtig auf den Tisch hauen und allen Menschen zeigen, was eine Powerfrau in dir steckt?

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