Stories von wunderbaren Frauen aus unserer Community.
Ich schaue in den Spiegel und sehe mich an.
Wow! Was haben die Jahre mit mir gemacht? Feine Linien zieren meine Augen. Meine Stirn ist auch nicht mehr ganz glatt. Aber diese Zornesfalte, die sich bereits mit Ende zwanzig angedeutet hatte, ist bis heute nicht viel tiefer geworden! Meine Wange ziert eine Falte. Ich finde sie cool. Sie kommt vom Lachen. Trotz und auch durch meine Vergangenheit. Ich fühle mich richtig gut und spüre Seelenfrieden.
Wir sind in den 90er und ich bin so fern von meinem eigentlichen Berufswunsch, am Anfang meiner irrsten Version meiner selbst.
Ich habe vor knapp zwei Jahren meine Familie verlassen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe.
Gewalt und Demütigung, ja sogar Missbrauch haben mich dazu bewegt, meinen Weg allein zu gehen. Ich habe einen Freund, einen Mann, der mich glücklich macht. Er schenkt mir Aufmerksamkeit und fängt mich auf, zumindest für eine Weile. Bis er eines Tages sein wahres Gesicht zeigt und mich nicht nur psychisch, sondern auch mit der Hand eines Besseren belehrt.
Ich habe es nicht anderes verdient!
Sieben Jahre glaubte ich, dass dieser Mann zu mir gehört. Bis ich rausbekomme, was er denn so treibt, wenn er behauptet, er wäre mal ein paar Nächte bei seinen Eltern. Die blonden Haare im Auto können nicht meine sein.
Ich befreie mich erneut von den wenigen Vertrauten, die ich nach meinen Eltern und ehemaligen Schulfreunden in mein Leben gelassen hatte.
Trotz meiner beruflichen Qualifikationen beginne ich, in der Gastronomie zu arbeiten. Ich habe das erste Mal in meinem Leben wirklich Spaß, den ganzen Abend und so manche Nacht viele Menschen um mich herum zu haben. Die Arbeit lerne ich schnell und bekomme auch bald die erste Funktion als Führungskraft und Trainerin.
Ich ziehe wegen des Jobs in eine andere Stadt und das mit einem neuen Mann. Wir arbeiten zusammen und teilen das Bett. Voll genial, denke ich. Er macht keinen Hehl daraus, dass ich nach und neben seinen vielen Liebschaften sicher nicht die letzte sein werde. Ich bin dennoch so auf ihn fixiert, dass ich mich und mein Selbstwertgefühl völlig hintenanstelle. Ich lasse mich demütigen und sehe dabei zu, wie er es genießt, von so vielen hübschen Frauen begehrt zu werden.
Ich habe es nicht anders verdient!
Zwei Jahre, zwei Umzüge, zwei Beförderungen und meiner letztendlichen Kündigung später, trifft mich der Blitz mitten beim Shoppen. Ich renne in die nächste Apotheke, besorge mir fünf Schwangerschaftstests und benutze sie auf der nächsten Kaufhaustoilette. Ich bin schwanger!
Mein Freund sagt nach einem kurzen Schockmoment, dass wir das schon schaffen und zusammenbleiben. Im achten Monat schwanger, ohne Job, eröffnet mir der Vater meines ungeborenen Kindes, dass ER beruflich nach Berlin ziehe. Punkt.
Ich hatte es nicht anders verdient!
In einer Hop-on-Hop-off Beziehung und mit einem wunderschönen, perfekten Schreibaby ziehen wir eineinhalb Jahre später gemeinsam nach Berlin. Ich beginne, wieder zu arbeiten und dann auch wieder eine Karriere zu starten.
In der neuen Firma rase ich die Karrierestufen hoch, getrieben durch weitere Umzugsbereitschaft und meinen verbissenen Ehrgeiz. Ich fühle mich im Außen gut. Ich bekomme Anerkennung durch Auszeichnungen, weil ich trotz meines Sohnes nie auf die Stunden schaue. Ich bin erfolgreich. K.O., aber erfolgreich.
Das habe ich verdient!
Wir ziehen erneut um, meiner Karriere wegen. Und ich habe Erfolg! Ich arbeite bis zu 15 Stunden am Tag und schaffe es, den höchsten Umsatz unserer Firma in ganz Deutschland einzufahren.
Zu Weihnachten gibt es dann nicht nur eine kleine Anerkennung meiner Vorgesetzten, sondern auch eine tolle Bodylotion meines Lieblingsdufts vom Vater meines Sohnes.
Den Bon mit dem Parfum und der Bodylotion finde ich dann ein paar Tage später. Moment – Parfum? Das Parfum ist nur nicht für mich. Mein Vierjähriger erzählt dazu freudestrahlend, wie toll es im Zoo war mit Miss X. Daddy und Miss X hätten sich so doll gekitzelt und sie hätten viel Spaß gehabt.
Ich habe es nicht anders verdient!
Nach nur sechs Monaten in der neuen Stadt und der schönen Wohnung ziehen mein Sohn und ich in eine eigene Wohnung. Mein Ex verabschiedet sich mit den Worten, dass ich zu viele Eier in der Hose habe und zu karrieregeil sei.
Ich habe es nicht anders verdient!
Karriere, alleinerziehend, Anfang dreißig und erfolgreich. So erfolgreich und verantwortungsbewusst, dass ich keine Zeit für mich habe. Neben der Arbeit gibt es nur die Freizeitbeschäftigungen meines Sohnes, die mich andere, soziale Kontakte knüpfen lässt. Oft sitze ich dann fix und fertig mit einer Kindergarten-Mami im Café am Spielplatz und lasse mir von ihren Ehe- und Kindersorgen die Zeit vertreiben.
Arbeit, Karriere in einem internationalen Unternehmen, dazu kommt ein neuer Freund. Ein Mann, wie ihn sich jede Frau wünscht. Umzug, neues Leben mit Sohn und wow, eine richtig gute Beziehung mit Respekt und Liebe.
Ich habe es verdient!
Mitten im Urlaub kommt der Anruf. Ich werde versetzt. Mein Freund, wir müssen reden: „Ich muss nach Köln ziehen.“ Also ziehen wir nach Köln und heirateten innerhalb von drei Wochen.
Ich habe es verdient!
Acht Wochen später kommt es mir mit voller Wucht – schwanger und Migräne. Ich bin fix und fertig, krank und nicht mehr in der Lage, die Erwartungen an mich zu erfüllen. Burnout! Ich bin zu stark oder zu doof, um wirklich umzufallen. Die Ärztin nimmt mir die Entscheidung ab und schreibt mich arbeitsunfähig. Das Gesicht meiner Vorgesetzten, als ich ihr sage, dass ich nicht arbeiten darf, werde ich in meinem Leben nicht vergessen.
Ich habe es nicht anders verdient!
Fünf Monate Zuhause die Decke anstarren, Migräneanfälle trotz Schwangerschaft und gefühlte Abhängigkeit. Mein Ehemann ist vor unserem Umzug in die Selbständigkeit gewechselt. Eine kleine Flaute bei den Aufträgen meines Mannes wird uns nicht die Existenz kosten, aber ich bin nervös und behalte mit meinem Gefühl Recht. Er braucht einen neuen Job und schnell ist er wieder angestellt mit sicherer Bezahlung.
Ein Jahr nach der Geburt unseres Sohnes will ich endlich wieder arbeiten. Pustekuchen! Ein komplett neues Bord im Headoffice denkt gar nicht daran, mich zurück zu wollen!
Drei Damen sitzen mir gegenüber. Zwei davon sind mir vorher noch nie begegnet und erzählen von Hörensagen und dass es ja sicher in meinem Interesse sei, wenn wir getrennte Wege gehen. Meine Vorgesetzte sitzt mit am Tisch und sagt kein Wort.
Ich habe es nicht anders verdient!
In diesem Fall wahrscheinlich selbst heraufbeschworen. Ich will nicht wirklich zurück, brauche aber eine Übergangslösung.
Dem Anwalt ist es ein Vergnügen, mich in seine Obhut zu nehmen. Einen Monat später habe ich eine Abfindung und einen neuen Job.
Ich steige in ein Flugzeug zum Training nach Madrid und – habe es verdient.
Toller neuer Job, Unabhängigkeit, Anerkennung, nächstes Karrierelevel erreicht.
Der Traum dauert 15 Monate. Finanzkrise, Spanien in der Immobilienblase am Rande des finanziellen Wahnsinns. Das Unternehmen setzt alles daran, sich der Mitarbeiter zu entledigen. Aber nicht mit mir! Ich grinse immer noch über die Abfindung.
Das habe ich mir verdient!
Am Tag meines Exit-Gesprächs spüre ich auf dem Weg zur U-Bahn einen Impuls. Ich stehe vor dem Kundenstopper einer Fahrschule. Ich bin seit 18 Jahren nicht mehr Auto gefahren. Eine Phobie und Panikattacken haben mir das unmöglich gemacht. Irgendetwas in mir bringt mich dazu, innerhalb von drei Wochen meinen Führerschein neu zu machen. Die Panik ist anfangs noch da, aber heute ist nur meine Abneigung gegen das Rasen auf der Autobahn geblieben. Ich liebe Autofahren!
Nach der Führerscheinprüfung, bin für einen Moment verloren und genervt. Ich finde aber die aufkommende Idee von Unternehmertum und Selbständigkeit verlockend. Ich nehme an einem Businessplanwettbewerb teil und besuche jegliches Coaching, das mein Wissen und meine Fähigkeiten ausbaut und mich noch weiter zur Expertin formt.
Den Businessplan verkaufe ich. Gemeinsam mit meinem Mann eröffne ich ein Jahr später mein eigenes Unternehmen, ein Feinkostgeschäft mit Café. Wenn nicht wir, wer dann? Wir wollen es so sehr, sind perfekt dafür geeignet.
Wir haben es verdient!
Pläne und Visionen, ein hübsches Sümmchen Eigenkapital, alles ist da. Zwei Jahre später – alles ist weg. Das Gute: Wir werden niemals darüber sinnieren, warum wir niemals ein Geschäft mit Café eröffnet haben. Wir erkennen aber, es ist nix für uns. Nix für mich!
Parallel fange ich eine Ausbildung zur Referentin und eine weitere in der Versicherungsbranche an, um mein Managerherz mit Zahlen, Daten und Fakten zu füttern. Ganz nebenbei mache ich zwei Abschlüsse und baue ein Team auf.
Ich habe es verdient!
Also, Laden zu, viel Geld versenkt und viel gelernt. Und jetzt? Ich muss dringend an mir arbeiten, in mich gehen, alles in Frage stellen und mich tief in mir ergründen. Meine innere Stimme reaktivieren. Die ist inzwischen nämlich leise. Ich weiß noch, wie laut sie schrie, als die Bankerin damals anrief, dass wir endlich die Finanzierung durchhaben. Die Stimme schrie und ich stellte sie ruhig.
Was habe ich für Ziele?
Glücklich sein und empfangen, was mir gehört, nicht mehr um etwas kämpfen, das ich glaube, haben zu müssen. Ja, auch Geld verdienen. Aber nicht für unnötigen Konsum, sondern um meinen Kindern eine gute Ausbildung zu finanzieren und zur Vorsorge im Alter. Ab und an auch mal entscheiden zu können, einen Auftrag nicht anzunehmen oder ein Projekt im Ehrenamt annehmen und auch den Ausfall von Einkommen abfedern zu können.
Ich stehe auf der Bühne und erzähle meine Story, zeige Methoden, die mein Publikum direkt umsetzen kann, um sich auf ihrem Weg nicht selbst zu verlieren. In der Anerkennung von außen, im Rausch des Erfolgs, der sich auf dem Konto zeigt. Ein Tausch gegen Zeit. Kein guter Tausch, wie ich nach über zwanzig Jahren in dem Spiel überzeugt behaupten kann. Hört auf eure inneren Stimmen! Was ist wirklich wichtig, was tut euch wirklich gut?
Wenn du besessen hast, befreist du dich vom Besitzenwollen! – Manche verstehen diesen Satz schon vorher und ersparen sich das Lernen „durch eigene Erfahrungen machen müssen“!
Ich bin dankbar für alle Learnings aus meiner Geschichte. Mein Leben hat mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin. Ich habe eine Stimme und nutze sie. Das ist meine Aufgabe. Diese macht mich übrigens sehr glücklich.
Ich bin frei von Müssen und endlich eine gute, positive Version meiner Selbst. Ich habe es verdient, jeden Tag mit einem Lächeln aufzuwachen und ohne Schmerzen zu leben. Andere haben verdient, mich lächeln und strahlen zu sehen. Das tue ich jeden Tag, weil ich es mir wert bin!
Bis bald irgendwo auf Deutschlands Bühnen. Und vielleicht schaffe ich einfach meine eigene Bühne – auch eine Vision.
To be continued!
Story by Sally Schwarz
Hast du auch eine Story, die es wert ist erzählt zu werden?
Hast du etwas richtig tolles erlebt, etwas was außerhalb deiner Komfortzone lag und das nicht 0815 Status Quo war? Willst du damit mal so richtig auf den Tisch hauen und allen Menschen zeigen, was eine Powerfrau in dir steckt?
Und vor allem andere Frauen damit inspirieren?
Oder aber du hast eine schwere Zeit durchlebt, hast alles überstanden und stehst jetzt mit erhobenem Kopf da. Willst du anderen Frauen zeigen, dass alles möglich ist, egal wie ausweglos eine Situation erscheinen mag?
Wir glauben:
Every Woman has a Story.
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