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Wie aus dem rebellischen Kind eine unauffällige Bürgerin wurde – zu Unrecht

Wie aus dem rebellischen Kind eine unauffällige Bürgerin wurde – zu Unrecht

Lisa Laufer
rebellisches Kind The Bold Woman Stories

Bist Du schon einmal gegen den Strom geschwommen? Hast Du Dich bewusst dafür entschieden, Dinge anders zu machen als der Rest? 

Oder versuchst Du, möglichst nicht aufzufallen? Passt Dich ständig an, um dazuzugehören? Fühlst Dich irgendwie wie ein Außenseiter, wie ein Alien unter all den „normalen“ Menschen?

Auf mich trifft beides zu: Von einem rebellischen Kind mit starkem Willen bin ich zu einer unauffälligen Bürgerin geworden, die, um irgendwie reinzupassen die Beziehung zu sich selbst verloren hat.

 Ich heiße Lisa Laufer, bin 28 Jahre alt, Mutter von zwei kleinen Kindern, Psychologin, hochsensible Scanner Persönlichkeit und habe mich dafür entschieden, eigene Wege zu gehen, um wieder zu mir zu finden und mir ein selbstbestimmtes, freies Leben zu erschaffen. 

Rebellisch – Mein ursprünglicher Wesenskern

Von Kleinkind an war ich eine sehr zielstrebige und eigensinnige Person. 

Man könnte auch dickköpfig, bockig oder nicht hörig sagen. Wenn man mir sagte: “Mach das nicht!”, dann habe ich es trotzdem getan. Weil das meine Art des Lernens war. Ich musste die Erfahrung zuerst selbst machen, bevor ich verstand, warum ich etwas tun oder lassen sollte. Es mir nur zu sagen, reichte nicht aus, um es zu glauben.

Das führte dazu, dass ich Dinge eben so machte, wie ich sie für richtig hielt. Und das war nicht unbedingt immer so, wie es andere für richtig hielten.

Ich war ein Kind, das wusste, was es will und was es nicht will (so wie es bei allen Kindern noch der Fall ist). Ich hatte große Träume und Ziele und ließ mich dabei intuitiv von meinem Inneren, meinem Herzen führen. Ich war gut, so wie ich war. 

Wie ich begann mich selbst zu verlieren 

Doch im Laufe der Zeit änderte sich das. Als ich vom Kind zur Jugendlichen heranwuchs, kamen immer mehr verunsicherte Gedanken auf wie: “Ich bin anders, als die anderen”, “Warum mache ich Dinge anders als meine Freunde?”, “Warum kann ich nicht so sein, wie die anderen?” und „Ich bin nicht gut so, wie ich bin.“. Dadurch kam ich zu der Erkenntnis, dass wenn ich dazu gehören möchte, ich mich in meinem Verhalten und meinem Sein anpassen musste wie ein Chamäleon. 

Zudem habe ich in der Schule früh die Erfahrung gemacht, dass gute Leistungen nicht gerne von den Mitschülern gesehen werden und bei vielen Neid erzeugt. So habe ich schnell gelernt, meine (überdurchschnittliche) Leistung herunterzuspielen und mich kleinzumachen. 

Für das eigene Selbstwertgefühl ist das wohl die doofste Strategie, die man nutzen kann. Für mein Ego, das beliebt sein und dazugehören wollte, war es prima. Im Außen führte ich ein glückliches Leben: Ich hatte viele Freunde und war sehr gut in der Schule. Was ich aber nicht merkte, war, dass ich nicht im Einklang mit mir lebte.

Durch meine feinfühlige Wahrnehmung konnte ich schon immer erspüren, was in den anderen Menschen vorging und was sie von mir erwarteten. Deshalb habe ich meine Anpassungsfähigkeit perfektioniert, sodass ich irgendwann nicht mehr wusste, wer ich eigentlich wirklich bin. Je nachdem mit welcher Freundin ich gerade mehr zu tun hatte, habe ich mich ihr angepasst und habe mich in vielerlei Hinsicht verändert. Erst als Jugendliche begann ich, das zu hinterfragen, weil es mich irgendwann selbst störte. 

Sich anderen Menschen, Situationen und Gegebenheiten anpassen zu können, ist in gewisser Weise eine Stärke. Wenn wir dabei aber nicht mehr auf uns selbst achten, dann leben wir nicht nur permanent entgegen unserer Bedürfnisse und Werte, sondern stellen die Bedürfnisse und Wünsche der anderen sogar über die eigenen. Das dies auf Dauer nicht gesund ist, ist eigentlich logisch. Kommt dann noch eine ausgeprägte Harmoniebedürftigkeit hinzu, dann ist das Desaster vorprogrammiert, weil man nur noch darauf aus ist, scheinbare Harmonie zu erzeugen. Das ist jedoch ein Trugschluss, da die eigene innere Harmonie zerstört wird. 

Mein großes Problem war, dass ich mir all dessen nicht bewusst war. Was ich im Laufe der Zeit verlernt habe, war zu unterscheiden, was eigene Bedürfnisse, was fremde Bedürfnisse sind und welche ich überhaupt erfüllen muss. Das führte zum einen zu psychosomatischen Beschwerden und etlichen Arztbesuchen. Zum anderen führte es zur Grundhaltung, es allen immer recht machen und allen gefallen zu wollen, blind für das, was mir gut tat. 

Der Drang Dinge im Leben anders zu machen

Der Großteil meines bisher noch jungen Lebens zeichnet sich durch zwei scheinbar widersprüchliche Gedanken aus: “Ich bin anders und muss mich daher verbiegen und anpassen.“ und „Ich spüre den inneren Drang, andere Wege zu gehen, als der Rest.”

Dies führte zu einem inneren Konflikt. Einerseits folgte ich meinem Wesenskern und machte Dinge, so wie ich sie für richtig empfand. Z. B. suchte ich mir immer wieder neue Freunde, weil mich das Neue faszinierte. Nicht unbedingt, weil ich meine bisherigen Freunde nicht mehr schätzte oder mochte, sondern weil ich diese Abwechslung in meinem Leben einfach brauchte.

Andererseits merkte ich natürlich, dass man “das nicht macht“ und dass meine Freundinnen das nicht toll fanden. Diese Diskrepanz führte dazu, dass ich mich über mich ärgerte und der Glaubenssatz, dass mit mir etwas nicht stimmt, festigte sich.  

Doch egal was Du machst, Dein wahrer Wesenskern wird immer wieder durchkommen. Wenn Du dagegen kämpfst, wird er umso stärker, weil es Deine Aufgabe ist, Du zu sein und nach Deinem wahren Kern zu leben.

Ein großer Traum wird wahr – warum Aufgeben keine Option ist

In der 10. Klasse (2007) hatte ich einen unglaublich großen Wunsch: Ich wollte ein Jahr in die USA auf einen Schüleraustausch. Meine Mitschüler konnten das nicht nachvollziehen. Allein der Gedanke, ein Jahr weg von zu Hause zu sein, ängstigte die meisten so sehr, dass sie sich nie dieses Ziel gesetzt hätten. Ich wiederum konnte nicht verstehen, dass man sich wegen einer Angst (vor Heimweh oder dass man sich nicht zurecht findet) von so einem gigantischen Ziel abhalten lassen konnte. 

Ein Austauschjahr ist teuer und ich hatte nicht so viel Geld. Doch davon ließ ich mich nicht abhalten. Ich arbeitete in jeden Ferien und bewarb mich für das PPP (Parlamentarisches Patenschafts Programm) Stipendium des Deutschen Bundestages und des US-Congress. Ich weiß nicht warum, aber ich spürte eine tiefe Zuversicht, dass ich es schaffen konnte. Trotzdem konnte ich es nicht glauben, als ich tatsächlich das Stipendium bekam und mein Traum des american way of life wahr wurde.

Mein Traum vom “anders sein” war größer als eine erschreckende Diagnose

Doch kurz vor Abreise wurde mir ein großer Stein in den Weg gelegt. Die Diagnose Thrombozytopenie, eine Armut der Blutplättchen in einem Bereich von 9.000 (statt normal 270.000). Daher hieß es für mich, täglich zum Onkologen zu gehen, um zu überprüfen, wie sich das Blutbild entwickelte. Nach der Rückenmarkspunktion ist man zur Vermutung gekommen, dass die Ursache ein Infekt sein musste. Kein Krebs. Für mich war damit alles gut.

Erst Jahre später habe ich erfahren, dass viele Menschen an Thrombozytopenie versterben. 

Ich möchte nicht sagen, dass ich die ganze Sache nicht ernst genommen habe, aber für mich war dieses Austauschjahr so wichtig, dass ich es auf keinen Fall aufschieben, geschweige denn absagen wollte. Wir fanden den Kompromiss, dass ich weiterhin Medikamente einnahm und regelmäßig einen Arzt in den USA aufsuchen musste, der mein Blutbild überwachte. Ich war happy. Mit Cortison im Gepäck ging die Reise los.

Ich verbrachte ein geniales Jahr. Natürlich gab es einige Herausforderungen: Ich kam mit der ersten Gastfamilie nicht klar und musste wechseln, die anfänglichen Kommunikationsschwierigkeiten machten mir aufgrund meines großen Mitteilungsbedürfnisses mehr zu schaffen, als ich erwartet hätte und selbstverständlich warteten jede Menge kulturelle Besonderheiten auf mich.

Warum ich das Jahr nicht abbrach und all die Hindernisse überwand? Weil ich immer wieder diesen einen Satz zu mir selbst sagte: „Lisa, nicht jeder bekommt diese Chance, als Botschafterin Deutschlands ein Austauschjahr in den USA zu verbringen. Diese Chance gibt es nur einmal, nutze sie.“ Aufgeben war keine Option.

Indem ich den Fokus weg von den Problemen lenkte und mich stattdessen auf diese große Chance ausrichtete, konnte ich dieses Jahr erfolgreich durchziehen. 

Den Spruch “Wer sein Warum kennt, erträgt fast jedes Wie” habe ich damals unbewusst angewendet und genau das hat mich dazu gebracht durchzuhalten. 

Angetrieben vom Verstand

Nach diesem Jahr dachte ich: “Jetzt habe ich es geschafft mir ein neues, wunderbares Leben in einem fremden Land aufzubauen, neue Freunde zu finden (obwohl ich im Grunde ein introvertiert Mensch bin) und so viele großartige Erfahrungen zu machen. Wenn ich das geschafft habe, dann müsste alles weitere ein Klacks werden” … 

Doch kaum zurück in Deutschland wurde ich eines Besseren belehrt. Die Lebensfreude, die ich über ein Jahr in den USA intensiv gespürt und gelebt hatte, war weg. Eine lange Achterbahn der Gefühle wartete auf mich und ich verstand nicht, wie ich aussteigen konnte.

Ich wechselte die Schule, weil ich mir ein besseres Abitur dadurch versprach. Ich legte mein Abitur zwar mit 1,3 ab, hatte mich aber in diesen zwei Schuljahren sehr unwohl gefühlt. Von meiner Familie fühlte ich mich nicht mehr verstanden. Von einer super innigen Beziehung vor dem Jahr USA war eine gereizte, zickige und konfliktreiche Beziehung geworden. Das lag zum Teil daran, dass ich ständig von meinem Jahr und meiner American Family schwärmte, immer wieder sagte, dass ich am liebsten zurückgehen würde und häufig Deutschland mit den USA verglich, wobei Deutschland immer schlechter abschnitt. Heute weiß ich, dass ich meine Familie damit sehr verletzt habe. 

Nach der Schule bekam ich meinen Traum-Studienplatz an der Universität Konstanz: Psychologie. Davon hatte ich jahrelang geträumt. Ein weiteres Ziel geschafft. 

Auch mein Studium absolvierte ich mit Bravour. Ich haderte zwar oft mit den langweiligen Theorien, dem sturen Auswendiglernen völlig unsinniger Konzepte und den praxisfernen Inhalten, doch ich hatte mein damaliges Ziel vor Augen: Einmal Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin zu werden. 

Bachelor 1,3. Meinem Ziel wieder ein Stückchen näher. Studienplatz für den Master ohne Wartezeit bekommen. All meine Leistungen ohne Schwierigkeiten abgelegt. Auch den Master mit 1,3 erfolgreich bestanden.

Doch trotz all dieser Erfolge, all dieser Ziele, die ich erreicht hatte, auf die ich teilweise jahrelang hingearbeitet habe, fühlte ich mich keineswegs glücklich. Ich konnte mich kein bisschen über all die Erfolge freuen.

 Warum? Heute weiß ich, dass ich zum einen verlernt habe, auf meine Leistung stolz zu sein und stattdessen das Gefühl hatte, klein und bescheiden sein zu müssen. Zum anderen habe ich all die Zeit nur noch auf meinen Verstand gehört. Aber was noch viel schlimmer ist, ich habe in all der Zeit überhaupt gar nicht mehr nach meinem Wesenskern gelebt. Ich war vollkommen im Ego Modus: Anpassen, verbiegen, alles tun, um gemocht zu werden, um dazuzugehören.

Ja, ich habe erreicht, was ich mir vorgenommen hatte, aber diese „Ziele“ waren nicht aus Träumen und Wünschen entstanden, sondern aus meinem rationalen Verstand. Ich dachte, das dies der richtige Weg war, aber ich habe keine Sekunde nachgespürt, ob es sich gut anfühlt. Und das, obwohl mein Körper mir deutlich durch körperliche Schmerzen signalisierte, dass ich auf dem Holzweg unterwegs war.

Ich bereue nicht, mein Studium durchgezogen zu haben, aber ich wünschte, ich hätte mehr auf mein Herz und meinen Körper gehört.

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Das Muttersein brachte mir die gewünschten Antworten

Gegen Ende des Studiums lernte ich meinen Mann kennen und so groß das erste Glück auch war, die nächste große Herausforderung wartete auf mich bzw. uns als Paar. Innerhalb kürzester Zeit wurde ich schwanger. Nach dem ersten Schock freuten wir uns und stellten uns darauf ein, Eltern zu werden. In der 13. Woche der Schwangerschaft kam der nächste Schock. Blutungen. Eine Fehlgeburt. Ein halbes Jahr wurde ich (gewollt) wieder schwanger. Große Freude. 10 Wochen später eine erneute Fehlgeburt. Schock. Starre. Wie konnte das sein? Ich war doch gesund! Ich war doch noch so jung! Meine Welt brach zusammen…

Trotz großer Zweifel und Verunsicherung, versuchten wir es ein drittes Mal und dieses Mal war alles gut. 2016 kam unsere Tochter gesund zur Welt.

In der Schwangerschaft stellte ich etwas Unglaubliches fest: Die Mauer, die ich mir Jahre lang schützend aufgebaut habe, stürzte ein. Ich bemerkte, dass ich sensibler wurde, dass ich nicht (mehr) die „coole, toughe Lisa“ war, die ich all die Jahre versucht hatte zu sein. Zum Glück, kann ich heute sagen, denn was meine Tochter brauchte, war eine einfühlsame, feinfühlige Mutter, die eine echte Bindung aufbauen konnte.

Das Muttersein brachte mich an meine nervlichen und körperlichen Grenzen. Es forderte mich heraus, wie keine Erfahrung zuvor. Gleichzeitig brachte es mich dazu, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. 

Wie es das Leben so will, fand ich Stück für Stück Antworten auf meine Fragen “Warum bin ich so anders?” oder “Warum verspüre ich den Drang, Dinge anders zu machen?”

2017 fand ich heraus, hochsensibel zu sein und etwas später stieß ich auf den Begriff Scanner Persönlichkeit. Zwei Begriffe, die mir halfen, mich und mein bisheriges Leben besser zu verstehen.

Heute bin ich auf meinem eigenen außergewöhnlichen Weg unterwegs, einem Weg in ein freies und selbstbestimmtes Leben, wo ich so sein und leben kann, wie es mir gut tut, nach meinem wahren Wesenskern. Ich bin auf der Reise zu mir selbst und ich freue mich über jeden Schritt, den ich auf mich und damit mein Ziel zugehe.

Was ich Dir mitgeben möchte

Wenn Du etwas in Deinem Leben erreichen willst, dann lerne, wieder mehr auf Deine Träume und auf Dein Herz zu hören. Nur solche Ziele erfüllen Dich wirklich.

Wenn Du ein starkes Warum hast, dann kann Dich nichts vom Weg abbringen und Du wirst immer wieder aufstehen, weil Du spürst, dass Du Dein Ziel einfach erreichen musst.

Achte darauf, wie Du selbst mit Dir sprichst und was Du über die Welt denkst. Unsere Gedanken haben eine übermächtige Auswirkung auf unser Leben, die weiter reicht, als wir es uns vorstellen können. Ich bin davon überzeugt, dass meine optimistische Einstellung zu meiner damaligen Krankheit (die sicherlich durch die Unwissenheit unterstützt wurde) dazu führte, dass ich gesund wurde. Krank zu bleiben oder schlimmer war für mich gar keine Option.

Denke nicht, dass Du es alleine schaffen musst. Menschen helfen gerne Menschen. Also scheue Dich nicht, Unterstützung zu suchen, wenn Du sie brauchst.

Wir Menschen sind alle einzigartig in unserem Sein, es gibt niemanden noch ein zweites Mal. Unsere Aufgabe in dieser Welt, unser Sinn, nach dem so viele Menschen stets im Außen suchen, ist, zu uns selbst zu finden und jeden Tag ein bisschen mehr ICH zu werden. 

Hast du auch eine Story, die es wert ist erzählt zu werden? 

Hast du etwas richtig tolles erlebt, etwas was außerhalb deiner Komfortzone lag und das nicht 0815 Status Quo war? Willst du damit mal so richtig auf den Tisch hauen und allen Menschen zeigen, was eine Powerfrau in dir steckt?

Und vor allem andere Frauen damit inspirieren?

Oder aber du hast eine schwere Zeit durchlebt, hast alles überstanden und stehst jetzt mit erhobenem Kopf da. Willst du anderen Frauen zeigen, dass alles möglich ist, egal wie ausweglos eine Situation erscheinen mag?

Wir glauben: 

Every Woman has a Story. 

Lass uns deine hören:

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