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Mit Selbstliebe ist alles besser, leichter und wundervoller ?

Mit Selbstliebe ist alles besser, leichter und wundervoller ?

Kirsten Dehmer
selbstliebe ist heutzutage thema nummer eins

 

Seit Monaten lese ich in Blogs und Foren immer öfter Artikel über das Thema Selbstliebe. Dass mit Selbstliebe alles besser, leichter und wundervoller wird. Das Selbstliebe das Allheilmittel für alles und jeden ist und jeder Selbstliebe hat bzw. schnell bekommen kann. Doch ist das tatsächlich der Fall und welche Probleme stellen sich dadurch in den Weg? 

Um dieser Frage nachzugehen, sollte geklärt werden, was genau steckt hinter dem Begriff und dem Konzept der Selbstliebe steht. In Wikipedia ist zu lesen:

 

„Selbstliebe, auch Eigenliebe, bezeichnet die allumfassende Annahme seiner selbst in Form einer uneingeschränkten Liebe zu sich selbst.“ 


Der Psychoanalytiker und Philosoph Erich Fromm geht in seinen Ausführungen zu dem Thema noch weiter und sieht Selbstliebe als Grundlage um andere Menschen lieben zu können. Auch viele weitere Psychotherapeutische Konzepte sehen in der Selbstliebe einen wichtigen Bestandteil für die persönliche Weiterentwicklung.

 

Selbstliebe? Wir kommen nur weiter, wenn wir auch Negatives sehen!

 

Seit 2001 beschäftige ich mich mit den Zielen und Erfolgen von Menschen, die ich begleiten und coachen darf. Egal ob prominent oder nicht, es gibt immer einen Antrieb und vor allem hat jeder Mensch eine komplett andere Sicht auf sich, seine Umgebung, sein Aussehen, seine Wirkung und auch auf seine Körperlichkeit. Eine vielleicht ernüchternde Wahrheit ist, dass Menschen zu mir nur kommen, wenn sie einen „hier komm ich nicht weiter“ Punkt haben. Ich werde also erstmal mit negativem konfrontiert und ich musste feststellen: 

Wir kommen nur weiter, wenn wir auch Negatives sehen, denn wenn wir alles wundervoll, herrlich, zauberhaft und makellos finden benötigen wir keinerlei Weiterkommen. Dann wären wir wahrscheinlich alle in „Wolkenkukusheim“ und hätten weder Autos noch Smartphones oder Mode. Denn der einzige Antrieb für Fortschritt ist das Negative. Wir benötigen eine Idee, einen Schmerzpunkt, ein „das will ich besser haben“, um überhaupt zu merken, dass man weiterkommen möchte, ansonsten verharrt jeder in seiner jeweils aktuellen Situation. 

So hatte ein Coachee von mir ziemlich alles was man sich vorstellen kann. Er war prominent, ständig im Fernsehen, hatte dadurch viele Fans und Anhänger, noch mehr Geld und kam zu mir, weil er in sein Hemd passen wollte. Er wollte in seinem Hemd gut aussehen. Keiner hat gesehen, dass das Hemd nicht passt, nur er. So kam er zu mir und wir trainierten 3-mal die Woche damit er seinen Wunsch realisieren konnte, denn mit reiner Selbstliebe hätte er sich lediglich ein neues Hemd kaufen müssen und mich nicht zu seiner Transformation gebraucht. Sicher auch eine Lösung aber eine in die falsche Richtung.

Denkt man den Gedanken weiter, erkennt man schnell, dass das Selbstliebe-Konzept ein paar Tücken besitzt. Denn achtet man nicht mehr auf sich, da man alles an sich liebt und jedes Kilo doch so wundervoll ist, so kann man eine gesunde Selbsteinschätzung aufgeben und als negative Folge auch krank werden. Physisch wie psychisch befindet man sich dann in einem wahren Teufelskreislauf. Ich plädiere nicht für Modelmaße oder extrem viel Sport, aber ich bin überzeugt, dass man Selbstliebe nicht überstrapazieren sollte und teilweise kritisch angehen muss. Beginnt man erst sich alles schönzureden und mit dem Etikett der überzeugten Selbstliebe zu versehen, kommt das wahre ich und die Notwendigkeit der Veränderung ins Hintertreffen. 

 

zu viel selbstliebe?

Brauchen wir Vorbilder und Selbstzweifel?

Jede Bewegung hat immer eine Gegenbewegung. So erleben wir aktuell im Bereich Sport, Mode und Beauty die Gegenbewegung zu der Size Zero Zeit. Die Welt wird divers und formvoller. Wir sehen nun alle Körperformen, alle Größen und alle Arten von Menschen, die uns nahebringen, dass jeder großartig ist, wie er ist, was er ist und wie er gerne sein wollen würde. Sind wir dadurch am Ziel zur Lösung aller psychologischer und physischer Probleme? 

Ich bezweifle es, denn noch nie wurde so stark, so nachdrücklich und vorsätzlich gemobbt wie in unserer aktuellen Zeit. Warum wird das gemacht, wenn wir doch alle so tolerant sein sollten und mit Selbstliebe beseelt sind. Wenn die Achtung vor jeder Lebensform so hoch gehängt wird und alles und jeder diesem Credo folgt?

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Brauchen wir vielleicht doch Vorbilder und damit verbundene Selbstzweifel? Brauchen wir doch einen Guru, der zeigt, wie es geht und von dem wir lernen und uns verändern können? Können wir als Menschen eventuell doch nicht der totalitären Diversität umgehen? 

Meine Idee ist Akzeptanz! Wenn wir akzeptieren was andere machen, wie sie aussehen und was sie darstellen und uns selbst akzeptieren, dann könnte das eine Idee sein, wie wir gemeinsam weiterkommen, ohne zu verletzen und vor allem ohne alles immer schön zu reden. Denn machen wir uns und anderen nichts vor. Derjenige der ein Sixpack haben will, der muss trainieren und der darf sich unwohl fühlen, wenn er es noch nicht hat. Die Akzeptanz der anderen kann zugleich der Ansporn des Individuums sein. Die Selbstliebe des Individuums führt dagegen nicht zwangsläufig zur Akzeptanz der anderen.

Ich halte es für falsch zu sagen: Ich muss nicht an mir arbeiten, ich muss mich nur selbstlieben, dann ist alles gut. Denn auch wenn Disziplin gerade nicht mehr gefragt ist und das Mittelmass die neue Elite darstellt, führt dieser Weg direkt in die verkehrte Richtung. Wer will, der kann und wer nicht will soll die anderen machen lassen ohne Hass, Neid und forcierte Selbstliebe zu verbreiten! 

Wer akzeptiert, kommt an.

 

zeit fuer sich selbst

Hier gibt es noch mehr zum Thema Selbstliebe und der Rubrik I Love Myself.

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