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Wann ist es eigentlich cool geworden, schlecht zu seinem Körper zu sein?

Wann ist es eigentlich cool geworden, schlecht zu seinem Körper zu sein?

Jasmin Loddeke
vegan leben

2011 habe ich aufgehört Fleisch zu essen, 2014 bin ich vegan geworden. Anfangs “nur” aus ethischen Gründen, bis ich dann nach und nach gemerkt habe, dass das ja auch viel gesünder ist. Meine Fingernägel sind plötzlich total lang gewachsen und nicht schon immer so stark abgebrochen, dass man nicht mal mehr das weiße von ihnen sehen konnte. Mein Heuschnupfen, den ich ein paar Jahre zuvor bekommen hatte, war wieder weg und was noch verwunderlicher war: ich nahm ganz langsam ab oder wenigstens nicht mehr kontinuierlich zu, wie das all die Jahre davor war.

Vegan Junk-Food

Und das, obwohl ich total viel veganes Junk Food gegessen habe. Ich aß fast alles, was vegan und ansatzweise süß war. Da ich anfangs die Angst hatte: “Was kann ich denn dann überhaupt noch (Süßes/Leckeres) essen?!” holte ich mir jede Süßigkeit, die “zufällig” vegan war, wie beispielsweise die allseits beliebten schwarzweißen Kekse. 2015 gab es noch nicht mal halb so viele vegane Süßigkeiten wie heute.

Auch habe ich viel Chips und Pommes gegessen oder machte mir Pizza, Burger oder Hot Dogs – alles nicht gerade Schlankmacher – trotz dass sie vegan sind. Aber trotzdem stagnierte mein Gewicht, ich nahm nicht weiter zu. Die vegane Ernährung ist wohl doch besser für uns, als landläufig die Meinung darüber… Statistisch auch dadurch nachvollziehbar, dass nur bei Veganern der durchschnittliche BMI im Normalgewicht liegt. Bei allen anderen, egal ob Vegetarier, Pescetarier (nur Fisch, sonst kein Fleisch) oder Omnivoren (Allesesser) liegt der BMI durchschnittlich über dem Normalgewicht.

“Normales” Gift

Als ich mit der Zeit diese Verbesserungen meiner Gesundheit wahrgenommen hatte, interessierte ich mich mehr und mehr dafür, was denn die Ernährung für einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit hat. Normalerweise heißt es ja immer nur, das sind alles die Gene! Also zurücklehnen und weiter Schnitzel und Steak essen – wir können ja nix für unseren Gesundheitszustand, es sind ja nur die Gene! Aber ich merkte, ich habe es selber in der Hand, wie es mir geht. Ich hatte sogar so etwas wie Heuschnupfen geheilt, was oft nicht mal mit Hyposensibilisierung funktioniert. Dabei versucht man, durch eine Vielzahl an Injektionen in zeitlichem Abstand, Allergien zu therapieren, was sehr langwierig, aufwendig und schmerzhaft ist, aber nicht immer Erfolg bringt. (Hatte ich so schon mal bei einem Freund erlebt.) Und das, obwohl ich doch ziemlich viel veganes Fastfood gegessen habe. Ich begann, mehr und mehr zu hinterfragen, was wir denn überhaupt alles so als “Nahrung” bezeichnen und in uns hineinstopfen oder -schütten. Wieso ist es normal, einen Stoff als Lebensmittel zuzulassen, der schon bei Ratten ganz leicht Krebsgeschwüre erzeugt (Aspartam)? Nur weil man zufällig festgestellt hat, dass es abgesehen davon, dass es Ratten umbringt, auch süß schmeckt?

Was ist schon normal?

Oder warum ist es normal, sich jeden Abend Nervengift einzuflößen (harmlos als Feierabendbier oder -wein bezeichnet)?

Warum verarbeiten wir unsere Nahrung bis zur Unkenntlichkeit, vom Aussehen aber auch chemisch, sodass unser Körper Probleme bei der Verarbeitung hat?

Wieso können wir nicht einfach die von der Natur für uns gemachte Nahrung so essen, wie sie ist? Das süße Obst, das knackige Gemüse, die leckeren Nüsse. Weil es besser schmeckt, werden jetzt wahrscheinlich die meisten einwenden.

Aber ist das wirklich so? Meistens ist es nur die Konditionierung über Jahrzehnte, Generationen – Jahrhunderte hinweg. Unser Geschmack gewöhnt sich an das, was wir uns tagtäglich zuführen und natürlich tut die Werbung ihr Restliches. Welche Getränke zum Beispiel cool sind.

Oder warum würden wir sonst eine braune Flüssigkeit trinken, die so aggressiv ist, dass sie nicht wie die anderen Konserven in Stahldosen sondern in Aluminiumdosen abgefüllt werden muss, da sie Stahl zu sehr angreift und man etwas Beständigeres dafür braucht? (Die Rede ist von Cola.)

Natürliche Nahrung

Tiere in der Natur essen ihre Nahrung so, wie sie die vorfinden. Sie extrahieren keinen Kristallzucker, Öl oder Weißmehl. Es scheint ihnen sehr zu schmecken. Und sie kennen keine Zivilisationskrankheiten wie Krebs, Diabetes, Herzinfarkte, Autoimmunkrankheiten oder auch sowas Einfaches wie Alterungserscheinungen, seien es nun graue Haare, Falten oder Haarausfall. Das bekommen maximal Tiere in Gefangenschaft, die nur stark verarbeitetes Essen vom Menschen vorgesetzt bekommen.

Warum also machen wir es so dumm und essen so einen Mist, der uns nachweislich krank macht, Jahre unseres Lebens raubt und stattdessen große Konzerne reicht macht, die sich freuen, dass sie uns so einen Scheiß teuer als “Nahrung” verkaufen können?

Nachdem ich mehr und mehr durchschaut hatte, wie unser Essverhalten gesteuert wird und dass uns diese Nahrungsmittel, die uns süchtig machen, verkauft werden, damit die Profite dieser Firmen weiter steigen und nicht damit uns was Gutes getan wird, habe ich angefangen, meine Ernährung weiter umzustellen.

Weg von Fast Food, fertig und verpackt hin zu natürlich, ursprünglich und nahrhaft. Ich versuche, so wenig verarbeitete Lebensmittel wie möglich zu essen, dafür viel roh, viel naturbelassen.
Idealerweise von der Natur in den Mund, praktischerweise vom Bioladen oder aus dem Bio Sortiment des Supermarktes.

Mein Umfeld – mein größter Feind Veganerin zu sein

Einfach war es aber leider nicht. Natürlich zum Teil auch, weil sich der Geschmack umgewöhnen muss und alte Süchte wie nach Zucker sich zu Wort melden. Aber viel häufiger war für mich  mein Umfeld das Problem. Es gab nicht immer alles unverarbeitet in Bioqualität zu kaufen, wie ich es wollte.

Vor 80 Jahren war noch alles Bio, ohne dass es so genannt werden musste. Vor der industriellen Revolution gab es keinen künstlichen Dünger, Pestizide, Fungizide, Herbizide, da war der „konventionelle“ Anbau biologisch. Jetzt ist es normal, dass immer alles gespritzt wird – verkehrte Welt.

Mein Freund unterstützt mich zum Glück total dabei, auch wenn er sich nicht immer so ernähren möchte, wie ich es mache. Aber er kauft auch nur noch im Bioladen bzw. Bio Qualität. Meinen Eltern ist gesunde Ernährung auch sehr wichtig, sie sind zur gleichen Zeit, wie ich vegan geworden und sind auch mehr als überzeugt von Bio Lebensmitteln. Diese beiden Umstände haben mir wirklich sehr geholfen und ich bin ihnen allen ungemein dankbar dafür!

Aber in meinem Kollegen-, Freundes- und Bekanntenkreis ist das alles leider ein Fremdwort. Man muss sich ständig erklären: „Wie, du isst kein Fleisch?!“, „Aber nicht auch noch vegan oder??“, „Du trinkst keinen Alkohol, bist du schwanger?“ So gut wie mir diese natürliche Ernährung tut, so schwer ist es doch, wenn man mit anderen irgendwo isst oder eingeladen ist, dabeizubleiben.

Der soziale Druck ist enorm. Da ich eher der schüchterne Typ bin, fällt es mir auch sehr schwer, mich dabei durchzusetzen. Normalerweise ist es mir am liebsten, wenn das Thema gar nicht erst aufkommen würde. Man mich einfach essen lassen würde, was ich will. Bzw. es wäre mir am liebsten. Denn das kommt eigentlich nie vor. Mindestens wird ein komischer Blick auf mein Essen. Aber meisten kommt es Diskussionen dazu, ob ich nicht irgendwelche Mangelerscheinungen habe, dass ihnen doch was fehlen würde, wenn sie kein Fleisch mehr essen könnten und ob ich den Geschmack nicht vermisse und und und…

Dazu noch, dass ich keine Cola, Bier oder Wein trinke – das wäre doch das Normalste der Welt!

Vegan – nur noch Steine und Blätter essen?

Und wenn ich dann auch noch von Gesundheit anfange zu erzählen, ist es ganz vorbei.

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Dass vielleicht das Brot mit dem ganzen Gluten nicht das non plus ultra ist. Oder der Zucker im Kaffee, ganz zu schweigen vom Kaffee per se. „Dann kann man ja gar nichts mehr essen/trinken.“ Ja, das ist der beste Spruch ever. Dass ich seit Jahren so esse und offensichtlich noch nicht verhungert bin, ist anscheinend kein Argument. Und Gesundheit scheint etwas zu sein, für das sich die meisten erst interessieren, wenn sie weg ist.

Aber daher ja auch gerne meine Antwort auf die Frage: „Was isst du denn dann überhaupt noch?!“ – „Steine und Blätter.“ Diese Frage kommt nur, wenn sich jemand nur darüber lustig machen bzw. das Thema herabwürdigen will. Denn wenn man mal zur zwei Sekunden nachdenken würde, weiß man, dass jedes Obst vegan und unverarbeitet ist, Salate, Kartoffeln mit Spinat, Reisgemüsepfannen oder Nudeln mit Tomatensoße auch alles vegan ist und man ganz und gar nicht verhungern muss.

Wieso ist es cool geworden, ungesundes Essen in sich hineinzustopfen?

Ja, ok, ich habe es auch jahrelang gemacht, aber ich habe angefangen, umzudenken, nachdem ich durch andere darauf aufmerksam gemacht worden bin. Und auch vorher habe ich Leute nicht verurteilt, die schon eher zu der Einsicht gekommen sind, dass gesunde Ernährung essentiell ist.
Natürlich ist es ein Lernprozess, aber gleich von Anfang an nur abzublocken und auf stur zu schalten? Ich versteh es nicht. Aber vielleicht ist es auch nur eine Art Selbstschutz – wenn ich mich darüber lustig mache, muss ich mich selber nicht ändern, denn ich bin ja toll. Traurig aber, dass diese Abwehrhaltung dann so weit gehen muss, dass man denen, die vielleicht nicht mehr den Weg der körperlichen Selbstzerstörung gehen wollen, es schwer macht, dabeizubleiben und sich gesund zu ernähren. Aber vielleicht zeigt mir das, dass ich mein Umfeld überdenken muss und Menschen finden muss, denen es ähnlich geht. Die auch Interesse daran haben, gesund zu leben, ihrem Körper etwas Gutes zu tun und ihn als den Tempel anerkennen, der er eigentlich ist und nicht nur als Mülleimer. Denn es gibt ja da draußen immer mehr Veganer oder allgemein Menschen, die ihren Körper so gut wie möglich behandeln wollen und ihre Gesundheit nicht als selbstverständlich ansehen.

Steh mutig zu deinen veganen Entscheidungen

Es kostet Mut, dabeizubleiben, auch wenn ein großer Teil der Gesellschaft das als lächerlich und nicht wichtig ansieht. Es kostet Mut, sich jedes Mal wieder dumme Sprüche anhören zu müssen, warum man denn eben nicht „ganz normal wie alle anderen auch“ essen kann bzw. will. Aber mittlerweile bin ich mir das wert, dass ich nicht aufgrund des Drucks von Anderen einknicke und klein beigebe und an meinen ethischen Werten und meiner veganen, gesunden Ernährung festhalte. Und dieser Mut und dieses Durchhalten haben mir letztendlich auch gezeigt, wie wichtig mir das Ganze ist.

Hast du auch eine Story, die es wert ist erzählt zu werden? 

Hast du etwas richtig tolles erlebt, etwas was außerhalb deiner Komfortzone lag und das nicht 0815 Status Quo war? Willst du damit mal so richtig auf den Tisch hauen und allen Menschen zeigen, was eine Powerfrau in dir steckt?

Und vor allem andere Frauen damit inspirieren?

Oder aber du hast eine schwere Zeit durchlebt, hast alles überstanden und stehst jetzt mit erhobenem Kopf da. Willst du anderen Frauen zeigen, dass alles möglich ist, egal wie ausweglos eine Situation erscheinen mag?

Wir glauben: 

Every Woman has a Story. 

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