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Der Weg geht durch die Angst: Wie meine Psyche mir den Weg zu meinem Potenzial zeigte

Der Weg geht durch die Angst: Wie meine Psyche mir den Weg zu meinem Potenzial zeigte

Alexandra Schollmeier
Potential - The Bold Woman

Alex, hast du eigentlich auch manchmal Angst?“, fragte mich mein allererster Kunde. „Ja, und wie. Angst kenne ich bestens“, sagte ich.

Was er nicht wusste: Angst war der Grund, aus dem ich mich vor sieben Jahren auf den Weg gemacht habe, mein wahres Potenzial zu leben und zu erkennen , dass ich neue Wege gehen und mich selbständig machen musste.

Er hatte gerade eine Phase der Erschöpfung hinter sich.

Bei mir war es schon eine Weile her, aber nachfühlen konnte ich es.

 

Wie mein Leben scheinbar aus den Fugen geriet, um auf die richtige Spur zu kommen

 

Wenn das so bleibt, wie soll dann mein Leben weitergehen? Wenn ich immer wieder unter der Angst zusammenbreche, dann möchte ich nicht mehr leben.“ Das war der Gedanke, der mich schockierte, als ich ihn vor mir selbst eingestand. Es war nur dieser kurze Moment, und zehn Minuten später fielen mir meine Ziele, Träume und das schöne im Leben wieder ein. Aber dieser Moment kam wieder. Und wieder.

Panikattacken – eine der häufigsten psychischen Erscheinungen, die die Seele entwickelt, wenn sie sich bemerkbar machen will. Und trotzdem fühlt sich jeder, der sie hat, als wäre er der einzige Alien auf diesem Planeten. Denn jeder erlebt die Panikattacken  etwas anders.

Die Scham darüber war dabei mein allergrößtes Hindernis auf dem Weg, diesem menschlichen Gefühl nicht wahllos ausgeliefert zu sein. Denn die Scham verhinderte, dass ich mit Menschen darüber sprach, weil meine größte Angst war, dafür verurteilt zu werden. Als eine Person, die immer gut war, in dem, was sie tat und top Leistungen erbrachte, verurteilte ich mich selbst, aber erlebte im Umfeld auch Stigmatisierungen. Gleichzeitig war das Gefühl, nicht ich sein zu können, die Quelle dieser Angst. Aus diesem Grund ist es mir heute ein Anliegen, für transparente, wertschöpfende Unternehmenskulturen zu sorgen, in denen Stigmatisierung so wenig wie möglich stattfindet und Potenziale von Menschen gesehen werden. Menschen, die ein psychisches Thema erfahren, sind anderen oft unheimlich, weil die Symptome nicht richtig verstanden und als Schwäche ausgelegt werden. Gerade im wissenschaftlichen Umfeld, in dem ich häufig arbeite, erlebe ich Stigmatisierung oft.

Meine Angst hatte viele Ursachen, die erst im Nachhinein einen Sinn ergaben. Es gibt nicht die eine Ursache. Doch es gab einen Menschen, der die Geschichte selbst neu schreiben konnte: Ich.

Ich möchte hier allerdings keine Geschichte der Ohnmacht erzählen, sondern der Selbstermächtigung. Der nie aufgebenden Hoffnung und des Mutes, einen anderen Weg zu gehen, als er von außen betrachtet vielleicht sinnvoll erscheint.

 

Die erste Panikattacke im Studium

 

Schon im Studium hatte ich, wie viele meiner Kommilitonen – erste Anzeichen von Erschöpfung. Diagnostiziert wurde eine Anpassungsstörung, also eine momentane Überlastung. Ich hatte starke Rücken-  und Magenschmerzen ohne organische Ursache, bekam diese aber durch etwas widerwillige Auseinandersetzung mit mir selbst, anderer Ernährung und einem gesünderen Verhältnis zu Sport wieder in den Griff. Ich trieb viel Sport, weil er mit guttat, allerdings war das irgendwann zu viel des Guten. Ich hatte Übertrainingserscheinungen und musste lernen, besser mit mir selbst und meinem Körper umzugehen. Es ging mir besser, doch ich behandelte mit mehr Ruhe nur die Symptome, aber nicht die Ursache meiner Erschöpfung, wie sich später herausstellte.

Langsam lernte ich, dass Psychologie eine wahnsinnig tolle Disziplin ist, dass ich mich nach mehr Sinn in meinem Leben sehnte. Ich habe in meinem Leben vor allem gelernt, mich anzupassen und habe so lange meine Bedürfnisse unterdrückt. Aber richtig verstanden habe ich es erst deutlich später.

Erst zwei Jahre später setzten die Panikattacken ein. Auch hier rieten mir die Menschen wieder zu mehr Ruhe. Ich versuchte es, aber je mehr ich mich ausruhte, desto schlimmer wurden die Symptome. Je mehr ich „Entspannung“ suchte, desto angespannnter wurde ich innerlich. Ich fühlte mich von meinem Umfeld unverstanden, vertraute mich aber ebenfalls auch nur wenigen Menschen an.

Ich verstand nicht, dass ich Aufgaben in meinem Teilzeit-Job an der Universität nicht mehr schaffte, die mir total leicht erschienen. Auch meine Kollegen und mein Chef bemerkten, dass meine Leistung nicht mehr so gut war wie am Anfang meiner Tätigkeit. Und das war sie auch nicht.

Mein Selbstvertrauen war für mich an diesem Punkt sehr infrage gestellt. Doch je mehr ich an mir zweifelte, desto lauter wurde eine Stimme in mir, die sich so viel mehr vom Leben wünschte, als es gerade in ihrem Leben gab.

Eine Stimme, die  sich einen anderen Job wünschte, die sich den Traum der Selbständigkeit erfüllen wollte und auch raus aus einer Beziehung musste, die ihrem Wertesystem absolut nicht entsprach. Ein kleiner Teil in mir erinnerte sich, dass mein früherer bester Freund, der hochbegabt war, aus Unterforderung sogar eine Klasse wiederholen musste. Mir selbst zuzugestehen, dass Unterforderung ein Teil meiner Wahrheit sein könnte: das dauerte.

Denn es passte nicht zu meinem Gefühl in der Situation. Und doch war die Stimme in mir, die sich nach Freiheit und Selbstbestimmung sehnte, diejenige, die am Ende siegte. Ich beschäftigte mich viel mit der Suche nach dem Sinn und Persönlichkeitsentwicklung. Ich war schon immer eine Person gewesen, die den Sinn von allem hinterfragt hat und brauchte wohl diesen Weg, um wieder ganz bei mir anzukommen. Ich wollte mich nie mit „normal“ zufriedengeben. Dafür hatte ich nicht zu den 10 Prozent besten meines Studienjahrgangs gehört. Ich verstand auf dem Weg auch, dass ich mich aus dem Umfeld, in dem ich war, zurückziehen musste, weil sie in anderen Kategorien dachten.

An einigen Stellen stieß ich hier an Stigmata und eine große Skepsis gegenüber meinem Vorhaben, mich selbständig zu machen, da ich ja anscheinend schwach, zu sensibel, zu wenig belastbar sei. Natürlich ließ ich mir helfen auf dem Weg, doch halfen mir die Menschen, die potentialorientierte Ansätze verfolgten, viel mehr als jene, die mich nur auf „Normalzustand“ zurücksetzen wollten. Außerdem baute ich mir nach und nach ein Umfeld von „Freidenkern“ und Selbständigen auf, für das ich heute mehr als dankbar bin.

 

Die Erkenntnis: die wahre Ursache der Erschöpfung

 

Irgendwann auf diesem Weg stieß ich auf das Buch „Burnout kommt nicht nur von Stress“ von Dr. Miriam Prieß, in dem von Fällen berichtet wurde, wo Menschen dadurch, dass sie mehr leisteten, aber auch mehr von dem taten, was ihren Werten und Bedürfnissen entsprach, ihre Erschöpfungssypmtome loswurden. Langsam dämmerte mir: Das ist es. Das Buch war für mich noch ein zusätzlicher Befreiungsschlag. Ich war also nicht überfordert und überlastet, sondern unterfordert und demotiviert.

Im Nachhinein war ich zwar überfordert mit der Situation und auch der Fähigkeit für mich einzustehen, aber unterfordert in meiner Arbeit und Art zu leben. Immer wieder dachte ich: „Wenn ich mir jetzt noch den Weg verbiete, den ich am meisten gehen will, wegen einer Stigmatisierung meiner eigenen Symptome, dann werden diese Symptome auch nicht weggehen. Der Weg geht durch die Angst. Diese Symptome sind nicht da, obwohl du dich selbständig machen willst und anders leben willst, sondern WEIL.“

Das “nein” zu meinem alten Job als Projektmanagerin in der Gesundheitsförderung war das größte „ja“ zu mir. Ich entschied mich also, den Weg in die Selbständigkeit zu gehen und mit jedem weiteren Schritt und jedem weiteren Erfolg in einer Tätigkeit, in der ich alle meine Potenziale leben kann und direkt an meiner eigenen Leistung gemessen werde, verschwanden die Symptome etwas mehr. Ich lebte meine Werte und Bedürfnisse und fühlte mich jeden Tag freier. Nicht nur beruflich stand ich mehr für mich ein, sondern in allen Lebensbereichen.

Ich machte mir Dinge möglich, die ich am Anfang der Selbständigkeit nicht für möglich gehalten hatte und kann heute sagen, dass ich sogar meine eigenen Erwartungen übertroffen habe. Ich stehe zu mir und meinen Werten und habe genug Selbstvertrauen, um an die Stärke meiner eigenen Persönlichkeit zu glauben. Über meinen Einstieg als Stressmanagementtrainerin ging mein Weg weiter zur Teamentwicklung. Warum? Weil ich zwar authentisch über Burnout und Angst sprechen kann, aber meine echte Qualifikation und Vision in einem anderen Feld liegt: als Kommunikationswissenschaftlerin und systemischer Coach wollte und will ich die Potenziale Einzelner in der Gruppe bestmöglich befähigen und Arbeitsplätze zu gestalten, die das Beste aus Menschen rausholen. Arbeitsplätze, die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen sowie die Leidenschaft und das Wohlbefinden von Menschen bestmöglich zusammenbringen.

Und die Angst? Manchmal begegnet sie mir noch. Vor ganz wichtigen Terminen zum Beispiel. Meistens wieder als natürliche Reaktion. Aber ich weiß, dass sie wieder geht. Und die Hoffnungslosigkeit, die ich in den ersten Zeilen schilderte, ist ziemlich weit weg. Ich würde diesen Weg immer wieder gehen.

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Ich bin unendlich dankbar für all die Menschen, die mir auf diesem Weg begegnet sind und mir heute diesen Rückhalt geben.

Meine Geschichte soll allen zeigen – und gerade weil ich das bei meinen Kunden in der Wissenschaft oft sehe – dass hinter dem Stigma Bedürfnisse sind, die gesehen werden wollen und dass jedes Verhalten eine Funktion hat.

Meine Geschichte soll allen zeigen, dass die Ursachen hinter dem Stigma manchmal ganz anders aussehen, als man denkt. Und dass ein solches Stigma einen vor allem nicht von dem Leben sollte abhalten, das wir leben wollen. Schließlich haben wir nur eins.

 

Mein Fazit

 

Und mittlerweile? Ich fange derzeit an, mir ein Team aufzubauen, meine Solo-Selbständigkeit kann langsam in ein kleines Unternehmen wachsen. Niemals habe ich das am Anfang gedacht. Ich bin stärker als jemals zuvor und vertraue mir jeden Tag mehr. Ich habe jedoch erkannt, dass ich, so wie jeder, in keine Schublade passe. Darum stecke auch du dich bitte in keine Schublade, die nicht zu dir passt.

Ich weiß, dass diese Geschichte nicht für jeden mit einer Angstsymptomatik stimmen mag, doch möchte ich hier unbedingt einen Betrag dazu leisten, dass ein Symptom der Seele oft ein Zeichen ist, dass Werte und Bedürfnisse im eigenen Leben nicht erfüllt sind. Und welche Bedürfnisse dahinterstecken ist individuell. Weniger Stigma. Mehr Mensch.

Hast du auch eine Story, die es wert ist erzählt zu werden? 

Hast du etwas richtig tolles erlebt, etwas was außerhalb deiner Komfortzone lag und das nicht 0815 Status Quo war? Willst du damit mal so richtig auf den Tisch hauen und allen Menschen zeigen, was eine Powerfrau in dir steckt?

Und vor allem andere Frauen damit inspirieren?

Oder aber du hast eine schwere Zeit durchlebt, hast alles überstanden und stehst jetzt mit erhobenem Kopf da. Willst du anderen Frauen zeigen, dass alles möglich ist, egal wie ausweglos eine Situation erscheinen mag?

Wir glauben: 

Every Woman has a Story. 

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